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Igel aufpäppeln

Kaum steht der Herbst vor der Tür, wandern die Igel wieder durch Deutschlands Gärten und Siedlungen, um sich auf den Winterschlaf vorzubereiten und dafür einen dicken Speckvorrat anzulegen. Wenn sich die Temperaturen dann dauerhaft um den Nullpunkt herum bewegen, suchen sich die Igel einen Unterschlupf zum Verkriechen.

Freilaufende Igel im Winter

Der Unterschlupf dient dazu, die kalten Wintermonate einfach zu verschlafen. Doch viele Menschen finden auch nach dem Wintereinbruch aktive Igel im Garten oder auf der Straße. Dabei handelt es sich in der Regel um junge oder kranke Tiere, welche es nicht geschafft haben, ausreichend Winterspeck anzusetzen. Da stellt sich natürlich die Frage, wie man mit den Findlingen umgehen soll. Soll man diese mitnehmen oder lieber in Ruhe lassen? Wird der Igel mitgenommen, womit soll er gefüttert werden? Und was genau braucht der Igel eigentlich, um seinen wohlverdienten Winterschlaf einleiten zu können? Wir wollen Ihnen in diesem Ratgeber alles Wissenswerte rund um das Thema Igel aufpäppeln an die Hand geben.

Igel nur bei Hilfebedürftigkeit mitnehmen

Wer einen Igel findet, sollte sich zunächst einmal die Frage stellen, ob das Tier überhaupt Hilfe braucht. Schließlich handelt es sich um Wildtiere. Igel sind keine Haustiere und sollten deshalb auch nicht für den persönlichen Unterhaltungsfaktor mitgenommen werden. Es gibt sogar ein Gesetz, welches es verbietet, den Igel aus der Natur zu entfernen. Eine Ausnahme stellt die Hilfebedürftigkeit des Tieres dar. Wenn Sie einen Igel aufnehmen wollen, sollten Sie deshalb ganz genau prüfen, ob es sich wirklich um einen kranken, beziehungsweise verletzten Igel oder sogar um ein verwaistes Jungtier handelt.

Woran erkenne ich einen verletzten Igel?

In den meisten Fällen deuten bereits der Fundort und die gegebenen Umstände auf Verletzungen hin. Zum Beispiel auf einer Straße oder einer Baustelle. Sofern das Tier den Anschein erweckt, als hätte es tagelang ohne Futter und Wasser in einem Lichtschacht oder einer Grube gelegen, heißt es: Umgehende Hilfestellung. Kranke Igel sind tagsüber gut daran erkennbar, dass sie im Garten umherlaufen, torkeln oder auch einfach nur liegen und eben nicht ihrem Winterschlaf nachgehen. In der warmen Jahreszeit lassen sich kranke Igel auch daran erkennen, dass Schmeißfliegen auf ihnen sitzen, welche ihre Eier ablegen wollen. Ein kranker Igel hinterlässt meistens einen apathischen Eindruck. Er ist oft sehr mager und rollt sich kaum noch ein. Herausstehende Hüftknochen und/oder eine Einbuchtung hinter dem Kopf sind Hinweise auf Untergewicht. Auch an den Augen lässt sich erkennen, ob der Igel krank ist oder nicht: Stehen diese nicht mehr halbkugelig hervor und sind stattdessen schlitzförmig und eingefallen, kann man davon ausgehen, dass der Igel aufgepäppelt werden muss.

Nicht alle freilaufenden Igel benötigen Hilfe

Handelt es sich um ein Igeljunges, welches sich tagsüber nicht im Nest befindet, sich womöglich kühl anfühlt und noch geschlossene Augen sowie Ohren hat, so können Sie davon ausgehen, dass der Igelsäugling Ihre Hilfe benötigt. Wenn Igel bei Wintereinbruch im Garten herumlaufen, könnte es sich um schwache oder kranke Alttiere handeln. Es können aber auch Jungtiere sein, welche zu spät geboren wurden. Doch es gibt auch Ausnahmen. Zum Beispiel wenn die Igel gestört wurden. Das kann passieren, wenn man Holzstapel abbaut oder Laub- und Reisighaufen aus dem Garten entfernt. In Parks können die Igel gestört werden, wenn Garten- und Landschaftsbau praktiziert wird, wenn Baumaßnahmen eingeleitet werden oder wenn Hunde auf Stöber-Tour gehen. In solchen Fällen suchen sich auch gesunde Tiere einen neuen Schlafplatz. Es kommt aber auch hin und wieder vor, dass säugende Weibchen tagsüber ihren Unterschlupf wechseln. Zum Beispiel von ihrem Aufzuchtnest zu einem weiteren Schlafplatz für den Tag.

Wie kann ich dem Tier am besten helfen?

Grundsätzlich gilt: Eine Behandlung sollte nur dann erfolgen, wenn der Igel seine normale Körpertemperatur von circa 36 Grad wiedererlangt hat. Und dann wird zunächst ein Pflegeprotokoll angelegt. Dazu wird die genaue Fundstelle protokolliert. Auch das Datum, die Uhrzeit und das Gewicht des Igels gehören in das Fundprotokoll. Dieses wird solange geführt, wie sich der Igel in Ihrer Obhut befindet. Das bedeutet, dass auch die Gewichtszunahme, verabreichte Medikamente und Tierarztbesuche eingetragen werden. Außerdem gilt es, das Geschlecht des Igels zu bestimmen. Dies ist wichtig, da der Fundigel ein säugendes Muttertier sein kann. Um das Geschlecht bestimmen zu können, streicheln Sie dem Igel sanft über den Rücken. Das sollte ihn dazu veranlassen, sich auszurollen. Nun können Sie den Igel mit der flachen Hand in die Seitenlage bringen, damit der Bauch sichtbar ist. Handelt es sich um ein Männchen, befindet sich ein hautiger Knopf an der hinteren Körperhälfte. Dies ist die Penisöffnung. Wenn Sie einen weiblichen Igel gefunden haben, sollte die Scheide, welche sich unmittelbar vor dem After befindet, nun deutlich erkennbar sein.

Untersuchen Sie den Igel auf Verletzungen

Inspizieren Sie dazu den Kopf, die Beine und die Bauchseite des Fundigels. Nun heißt es, den Igel aufwärmen. Wenn sich die Bauchseite des Igels deutlich kälter als die eigene Hand anfühlt, dann können Sie davon ausgehen, dass der Igel eine Unterkühlung hat. Hier bietet sich eine Gummiwärmflasche an, welche mit handwarmem Wasser befüllt wird. Diese wird dann mit einem Frottierhandtuch umwickelt. Achten Sie darauf, dass keine Löcher, Aufhänger oder heraushängende Fäden stören, da diese ein Verletzungsrisiko darstellen. Die umwickelte Wärmflasche sollte in einen ausreichend hohen Karton gelegt werden. Nun kann der Igel daraufgesetzt und mit einem weiteren Handtuch zugedeckt werden.

Mögliche Außenparasiten entfernen

Wenn Sie in der warmen Jahreszeit einen Igel finden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich Fliegeneier oder -maden in dessen Wunden befinden. Diese können aber auch in den Körperöffnungen des Tieres zu finden sein. Sollten Sie Fliegeneier finden, müssen diese umgehend entfernt werden. Dabei handelt es sich um 1,5 mm lange Stäbchen, welche aneinanderkleben. Die Maden zeigen sich in Form von kleinen weißlichen Würmchen. Diese lassen sich mit einer Pinzette greifen und entfernen. Weist das Tier einen Flohbefall auf, kann ein spezielles Spray verwendet werden, um den lästigen Parasiten den Garaus zu machen. Verzichten Sie auf die Verwendung unkonventioneller Hilfsmittel, welche dem Igel schaden können. Dazu zählen unter anderem:

  • Puder
  • Klebstoff
  • Nagellack
  • Öl

Die Parasiten werden mit der Pinzette dicht an der Hautoberfläche umfasst und mit einem Ruck herausgezogen. Baden Sie das Tier nur dann, wenn es wirklich notwendig ist. Denn die Prozedur sorgt beim Igel für zusätzlichen Stress.

Auf den Tierarzt sollte nicht verzichtet werden

Grundsätzlich ist es immer ratsam, einen Tierarzt oder eine Igelstation auszusuchen. Denn die Versorgung von möglichen Verletzungen gehört in die Hände des Tierarztes. Dieser ist Ihnen auch dabei behilflich, Parasiten zu entfernen. Und das betrifft auch die Schädlinge, welche sich im Körper des Tieres befinden. Und nicht zuletzt hat der Tierarzt Zugriff auf spezielle Präparate, mit denen sich geschwächte Igel wieder aufpäppeln lassen. Kranke und verletzte Igel sind in jedem Fall auf professionelle Hilfe angewiesen. Allein mit der zur Verfügung gestellten Nahrung und einer eingerichteten Unterkunft können Sie verletzten Igeln nur eingeschränkt behilflich sein.

Hinweis: Igel sind Einzelgänger. Das bedeutet, dass jeder gefundene Igel auch einen eigenen Unterschlupf benötigt. Ein entsprechendes Igel-Gehege weist jede Menge Platz und ein separates Schlafhäuschen auf.

Was kann ich einem Fund-Igel an Nahrung anbieten?

Die optimale Igelnahrung gestaltet sich als nicht sehr aufwendig. Hier kann schon einfaches Katzenfutter im Speisenäpfchen angerichtet werden. Wenn Sie keine Tiernahrung zur Fütterung des Igels im Hause haben, können Sie auch schauen, was Ihr Kühlschrank so hergibt. Ein bisschen Hackfleisch eignet sich ebenfalls als geeignete Igelmahlzeit. Dieses sollte jedoch angebraten und abgekühlt sein. Füttern Sie niemals rohes Fleisch!

Auch Rührei wird von Igeln gerne angenommen. Dieses bereiten Sie ohne Gewürze mit etwas Öl in der Pfanne zu und lassen es abkühlen, bevor es dem Igel serviert wird. Und auch Flüssigkeit braucht der Findling. Dazu stellen Sie dem Igel ein Schälchen Wasser hin. Geben Sie dem Igel niemals Milch zu trinken. Handelt es sich um ein sehr schwaches Tier, dann nehmen Sie am besten ungesüßten Kamillen- oder Fencheltee, welchen Sie mit einer Einwegspritze aus Plastik (selbstverständlich OHNE Nadel) dem Igel ins Mäulchen einflößen. Sollte der Igel in der Nacht nachdem Sie diesen aufgenommen haben, nicht von selbst fressen, sollten Sie unbedingt einen Tierarzt aufsuchen.

Sammeln Sie Kot für die bevorstehende Untersuchung

Gerade in Bezug auf Igel ist eine Kotuntersuchung sehr wichtig. Die Exkremente des Tieres geben Aufschluss darüber, ob das Tier eine bakterielle Infektion oder Parasiten im Körper aufweist. Sammeln Sie dazu den Igelkot über einen Zeitraum von zwei Tagen und füllen Sie diesen in ein gut verschließbares Gefäß. Dafür bieten sich zum Beispiel kleine Tupperdosen an. Diese werden dann in ein entsprechendes Labor eingesendet. Sie können sich beim Tierarzt, beim Veterinäramt und auch in der Igelstation die entsprechenden Adressen geben lassen. Die genannten Institutionen können viele Untersuchungen aber auch selbst vornehmen.

Der Abschied fällt schwer

Sobald der Tierarzt bestätigen kann, dass der Igel wieder gesund ist, muss dieser umgehend freigelassen werden. Setzen Sie das Tier dazu an der Stelle aus, wo sie es gefunden haben. Sofern Sie den Igel auf einer Straße gefunden haben, bietet es sich an, das Tier zumindest in der Nähe, an einer geschützten Stelle auszusetzen. Sofern der Igel in menschlicher Obhut nicht das nötige Gewicht für den Winterschlaf erreicht, muss die Aussetzung des Tieres in den bevorstehenden Frühling verschoben werden. Das optimale Gewicht für den Winterschlaf beträgt etwa 600 bis 700 Gramm.

Wie können Igel am besten geschützt werden?

Halten Sie bei der Gartenpflege unbedingt die Augen offen. Laubsauger, Rasenmäher und Rechen können Igel schwer verletzen oder sogar töten. Die stacheligen Freunde bauen ihre Nester gern in Laub- und Komposthaufen. Beim Umgraben sollten Sie deshalb sehr vorsichtig sein. Zwischen November und April sollten Sie den Komposthaufen einfach ignorieren, damit potentielle Igelunterkünfte nicht zerstört werden und die Tiere in Ruhe ihren Winterschlaf halten können. Sie werden zum waschechten Igelfreund, wenn Sie die Tiere in Ihrem Garten willkommen heißen. Sorgen Sie deshalb für Schlupflöcher im Gartenzaun. Achten Sie jedoch darauf, dass diese groß genug und entsprechend gepolstert sind, damit das Stachelkleid nicht darin hängen bleibt. Igel legen weite Strecken zurück, wenn es darum geht, leckere Insekten zu finden, um sich den dicken Winterspeck anzufressen.

Vorsicht auch im Straßenverkehr

Achten Sie auch darauf, vorsichtig zu fahren. Bedauerlicherweise verenden viele Igel jährlich im Straßenverkehr. Wer nachts und während der Dämmerung besonders aufmerksam fährt, kann viele Igelleben retten. Dieselbe Aufmerksamkeit gilt auch in puncto Umweltschutz. Dass Müll in entsprechende Eimer und nicht in die Natur gehört, dürfte inzwischen wohl jedem klar sein. Nicht nur, dass Blechdosen und Joghurtbecher von der Natur nicht abgebaut werden können, sie könnten auch zur lebensgefährlichen Falle für Igel werden. Denn Igel sind wie alle anderen Tiere auch, sehr neugierig. Ein prüfender Blick in das Innere von Verpackungsmaterial und schon kann sich der Igel darin verfangen.

Was gibt es bei der Fütterung sonst noch zu beachten?

Ein Igel welcher auf Ihre Hilfe angewiesen ist, braucht viel Fett und Eiweiß. Wenn sich der Igel also für längere Zeit in Ihrer Obhut befindet, muss das Futter an die natürliche Nahrung des Pleglings angepasst werden. Deshalb ist es wichtig, dass das Futter eiweiß- und fetthaltig ist. Wie bereits erwähnt, bieten sich Hunde- und Katzenfutter als Aufpäppelnahrung an. Hackfleisch, Ei und Hühnchen werden ohne Gewürze angebraten, zum Abkühlen beiseite gestellt und anschließend mit einer Gabel zerkleinert. Das gibt dem hilfebedürftigen Gast Kraft und neue Energie. Wer Hundefutter für die Igelfütterung verwenden will, sollte darauf achten, dass dieses ohne Sauce abgefüllt wurde. Katzenfutter ist die bessere Option, da dies mehr Eiweiß enthält. Wer seinen stacheligen Besucher über einen längeren Zeitraum füttern möchte, muss darauf achten, dass die Nahrung auch genügend Ballaststoffe enthält. Dazu eignen sich Haferflocken und Weizenkleie, welche ganz einfach unter das Futter gemischt werden. In Zoohandlungen finden Sie auch spezielles Igeltrockenfutter, womit sich das Selbstgekochte prima ergänzen lässt.

Hinweis: Das Igeltrockenfutter eignet sich nicht als Alleinfutter, da zu viele Kohlenhydrate enthalten sind.

Verzichten Sie außerdem darauf, natürliche Nahrung zu servieren. Auch wenn Schnecken, Mehl- und Regenwürmer für Igel eine Delikatesse darstellen, so können diese Parasiten übertragen, welche für die Genesung des Igels mehr als hinderlich sein können.

Haben Igel feste Nahrungszeiten?

Wer einen oder mehrere gesunde Igel in seiner Obhut hat, sollte mit der Fütterung bis zum Abend, beziehungsweise bis zur Dämmerung warten. Handelt es sich jedoch um geschwächte Igel oder Jungtiere, sollten diese rund um die Uhr frisches Futter zur Verfügung gestellt bekommen. Das betrifft auch das Trinkwasser. Achten Sie darauf, das Näpfchen regelmäßig auszuspülen und mit frischem Wasser zu befüllen.